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für sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte Rahmenbedingungen des Schwangerschaftsabbruchs
und psychische Verarbeitung

Dr. med. Christian Fiala
Gynmed Ambulatorium für Schwangerschaftsabbruch und Familienplanung, Wien, Österreich Im Folgenden gehe ich davon aus, dass eine ungewollte Schwangerschaft und der Abbruch dieser für die meisten Frauen eine Krisensituation individuell unterschiedlichen Ausmaßes darstellt.
Ferner ist es ein allgemein akzeptierter Standard, dass Menschen in einer Krisensituation eines geschützten Rahmens mit einer einfühlsamen Betreuung und kompetenten Begleitung bedürfen, um diese zu überstehen und falls möglich gestärkt daraus hervorzugehen.
Es lohnt sich, die Rahmenbedingungen für Frauen mit einer ungewollten Schwangerschaft in ver- schiedenen Ländern zu vergleichen, um zu sehen, inwieweit die Rahmenbedingungen auf die Bedürfnisse der betroffenen Frauen abgestimmt sind und sie in ihrer Situation unterstützen bzw.
welche Restriktionen weiterhin bestehen.
Dazu muss das Thema in drei Aspekte gegliedert werden: • Die Feststellung einer ungewollten Schwangerschaft.
• Die Entscheidung zur Fortführung oder Beendigung der Schwangerschaft.
• Die Beendigung der ungewollten Schwangerschaft.
Für alle drei Aspekte möchte ich die Bedürfnisse der betroffenen Frauen skizzieren sowie anhand von Rahmenbedingungen in verschiedenen Ländern aufzeigen, inwieweit diese lösungsorientiert Die Feststellung einer ungewollten Schwangerschaft
Die Diagnosemöglichkeiten einer Schwangerschaft haben sich in den letzten 20 Jahren dramatisch verbessert. Früher mussten Frauen zum Arzt gehen und dort eine Laboruntersuchung veranlassen, um relativ spät nach dem Ausbleiben der Menstruationsblutung das Vorhandensein einer Schwan- gerschaft bestätigen zu lassen. Damit war die Frau alleine schon für die Feststellung der Schwan- gerschaft in großem Ausmaß abhängig von der Kooperationsbereitschaft eines Arztes und hatte kaum Einfluss auf die zeitliche Verzögerung bis zur Diagnose und die entstehenden Kosten. Schon alleine durch diesen Ablauf war ein Abbruch vor der siebten Woche kaum möglich.
Durch die heute in jeder Apotheke zu einem erschwinglichen Preis erhältlichen Tests kann eine Frau bereits vor der erwarteten Regelblutung mit großer Sicherheit eine Schwangerschaft dia- gnostizieren und zwar ebenso zuverlässig wie ein Arzt. Das versetzt sie in die Lage, die Schwanger- schaft bereits sehr früh abzubrechen, sofern sie sich dafür entscheidet. Ein Abbruch früh in der Schwangerschaft ist mit weniger körperlichen Nebenwirkungen verbunden und wird von den Frauen auch psychisch als weniger betlastend empfunden, insbesondere wenn noch keine embry- Die technischen Fortschritte in der Diagnostik und Therapie würden heutzutage für viele Frauen einen weniger belastenden Abbruch ermöglichen. Leider verhindern häufig strukturelle Gegeben- heiten auf verschiedenen Ebenen den Zugang zu einem frühen Abbruch bzw. dessen Umsetzung.
Zum einen meinen viele Frauen nach wie vor, sie müssten eine Schwangerschaft von einem Arzt bestätigen lassen, bevor sie zu einem Abbruch gehen. Und auch einige Beratungsstellen drängen auf eine ärztliche Bestätigung. Zum anderen wird ein früher Abbruch häufig nicht angeboten. So führen viele Institutionen einen chirurgischen Abbruch nicht vor der siebten Schwangerschafts- woche durch. Und auch der medikamentöse Abbruch wird häufig nicht angeboten. Es gibt auch Institutionen, die einen medikamentösen Abbruch erst nach einer sicheren Diagnose einer intra- für sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte uterinen Schwangerschaft durchführen. Das aber führt zu einer unnötigen Wartezeit und häufig auch zur Entwicklung einer embryonalen Herzaktivität bis zum Behandlungsbeginn. Es gibt also bereits weit im Vorfeld eines Schwangerschaftsabbruches strukturelle Gegebenheiten, welche bes- ser an die Bedürfnisse der betroffenen Frauen angepasst sein sollten, um einen Abbruch so scho- nend als möglich durchzuführen und unnötige körperliche und psychische Nebenwirkungen abzu- Die Entscheidung zur Fortführung oder Beendigung der Schwangerschaft
Die Feststellung einer ungewollten Schwangerschaft ist für die meisten Frauen eine Krisensituati- on, auch wenn das Ausmaß der Krise sehr unterschiedlich ist.
Gemeinsam ist jedoch fast allen, dass sie die Diagnose einer ungewollten Schwangerschaft unvor- bereitet trifft. Das heißt aber, dass die Frauen sich weder inhaltlich noch bezüglich der Adressen für Beratungsstellen oder Institutionen für die Durchführung eines Abbruchs vorbereiten konnten.
Die Diagnose einer ungewollten Schwangerschaft bringt die betroffenen Frauen in einen Informa- tionsnotstand. Innerhalb sehr kurzer Zeit benötigen sie sehr viele Informationen. Diese Suche nach Informationen wird durch einige Besonderheiten deutlich erschwert: • Die Informationen betreffen einen der intimsten Bereiche des Lebens.
• Dieser Bereich ist in unserer Gesellschaft stark tabuisiert.
• Häufig ist die Schwangerschaft auch nicht das Ergebnis einer bestehenden, sozial akzeptierten Beziehung, weshalb schon alleine die Tatsache der Schwangerschaft nicht bekannt werden darf.
• Das eigene soziale Umfeld der Frau, aber auch professionell im Sozialbereich Tätige reagieren nicht selten mit moralischer Verurteilung, Ablehnung von Hilfe oder gar irreführenden • Die benötigten Informationen sind sehr umfangreich und komplex. Sie betreffen körperliche und psychische Abläufe. Gefragt ist sowohl Grundsätzliches über den Abbruch als auch Konkre- • Die anstehende Entscheidung hat große Auswirkungen auf das eigene soziale Umfeld oder zentrale zukünftige Lebensbereiche und ist nicht rückgängig zu machen.
• Mit dem Partner ist eine zweite Person unmittelbar und direkt betroffen und in die Entschei- dung mehr oder weniger mit einbezogen.
• Nicht zuletzt ist das Informationsbedürfnis individuell sehr verschieden und liegt teilweise sehr weit auseinander, wodurch es nicht immer leicht ist, die notwendigen Informationen zu ver- Auf diese Bedürfnisse reagieren die Gesellschaften unterschiedlich, wobei historisch fast aus- nahmslos eine rigide Bevormundung vorherrschte. Diese war Ausdruck der Überzeugung einer männlich dominierten gesellschaftlichen Führungsschicht, dass schwangere Frauen nicht verant- wortungsvoll über ihre Schwangerschaft entscheiden könnten. Deshalb müsse die Gesellschaft ein- greifen, um sicherzustellen, dass »richtig« entschieden werde. Diese Bevormundung führte u.a. zu einem Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen, was wiederum einer der Gründe für die unvor- stellbar hohe Müttersterblichkeit war. In vielen Entwicklungsländern ist dies nach wie vor der Fall, weil Abbrüche dort illegal sind, basierend auf den Gesetzen der ehemaligen Kolonialmächte.
Regelungen, die auf dieser Bevormundung basieren, wurden in den letzten Jahrzehnten langsam geändert und den Frauen bzw. Paaren wurde die Autonomie über ihre Fruchtbarkeit größtenteils zurückgegeben. Als ein Ergebnis dieser Autonomie hat Holland die niedrigste Rate an Schwanger- schaftsabbrüchen in allen Industrieländern.
Auf der anderen Seite gibt es immer noch Regelungen, welche der alten Vorgehensweise folgen und sich von inzwischen etablierten Standards in der Medizin und Sozialhilfe abheben. Beispiele sind u.a. eine zwangsweise vorgeschriebene Beratung vor dem Abbruch. Auch wenn diese vor zwei Jahren in Frankreich abgeschafft wurde, besteht sie in einigen Ländern immer noch mit für sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte unterschiedlichen Vorgaben. Während zum Beispiel in Holland und Österreich jeder Arzt diese Beratung vornehmen darf und es keine inhaltlichen Vorgaben gibt, ist sie in Deutschland wesent- lich rigider vorgeschrieben und erschwert den Zugang zum Abbruch. Unklar bleibt, warum es so schwer ist, eine Beratung wie sonst auch üblich freiwillig anzubieten. Ein anderes Beispiel ist eine vorgeschriebene Bedenkzeit zwischen einer Beratung und der Durchführung des Abbruchs. Die Idee einer gesetzlich vorgeschriebenen Bedenkzeit zwischen einer Beratung und einer medizini- schen Behandlung ist aus gutem Grund in der Medizin unüblich. Vielmehr hat die Arzt-Patienten- Beziehung durch den Gesetzgeber einen Sonderstatus erhalten und ist besonders geschützt. Es obliegt alleine den beiden handelnden Personen, das beste Vorgehen für eine konkrete Situation zu finden. Wenn nun per Gesetz vor dem Abbruch eine Bedenkzeit zwangsweise verordnet wird, scheint dies auf drei Missverständnissen zu beruhen: 1. Schwangere Frauen müssten quasi vor sich selbst geschützt werden, damit sie sich nicht vorschnell gegen ein Kind und für das Ende der Schwangerschaft entscheiden, 2. Frauen mit einer ungewollten Schwangerschaft würden erst nach einer Beratung mit einer für sie fremden Person in den eigentlichen Entscheidungsfindungspro- zess einsteigen und 3. eine willkürlich lange Bedenkzeit hätte einen vorwiegend positiven Effekt und könnte die Häufigkeit von Abbrüchen reduzieren.
Es ist offensichtlich, dass keine dieser Erwartungen zutrifft. Auch gibt es unter den Fachkräften in den Ländern, die keine Bedenkzeit kennen, kein Bedürfnis eine solche einzuführen.
Wie in der unten abgebildeten Tabelle dargestellt, ist die vorgeschriebene Bedenkzeit von Land zu Land sehr unterschiedlich, was die Länge, die Berechnung und etwaige Ausnahmen betrifft. Es ist davon auszugehen, dass sich die Bedürfnisse der Frauen in den angeführten Ländern nicht wesent- lich unterscheiden. Die Wartezeiten dürften den meisten Frauen als willkürliche und ihren Bedürf- nissen nicht entsprechende Bevormundung erscheinen.
Übersicht über vorgeschriebenen Bedenkzeiten in Europa
Bedenkzeit
Von dem ersten Kontakt mit einer Beratungsstelle 3 volle Tage, Bescheinigung einer zugelassenen Beratungsstelle Vom ersten Kontakt mit einer Fachkraft, Arzt/Beraterin/Hebam-me/ Krankenschwester, kann gegen Ende der Frist des legalen Abbruchs verkürzt werden (erst ab dem 44. Tag)5 volle Tage vom ersten Kontakt mit einer Fachkraft, mit vielen Ausnahmen: u.a. kann gegen Ende der Frist verkürzt werden Vom ersten Kontakt mit einem Arzt (mit Bescheinigung) Darüber hinaus gibt es in einigen Ländern spezielle Regelungen wie die, dass die Frau nicht von den gleichen Fachkräften beraten und behandelt bzw. betreut werden darf. Eine solche Regelung ist in der Medizin einmalig. Üblicherweise ist es selbstverständlicher Standard, dass die Fachkräfte, zu denen man im Rahmen von Vorgesprächen und Untersuchungen Vertrauen aufgebaut hat, auch einen etwaigen Eingriff durchführen bzw. während des Eingriffes auch die Betreuung über- nehmen. Die Konstanz der betreuenden Personen ist besonders bei dem Abbruch wichtig, damit die Frauen nicht jedes Mal ihre ganze Geschichte erzählen müssen. Nur so kann eine gewisse Vertrautheit entstehen, welche den Behandlungsverlauf positiv beeinflusst. Aus diesem Grund haben wir im Gynmed Ambulatorium in Wien zum Beispiel den Dienstplan der Beraterinnen so eingerichtet, dass die Patientinnen nach Möglichkeit bei allen Kontakten oder Besuchen von der für sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte gleichen Beraterin betreut werden. Es kann nicht überraschen, dass wir damit sehr gute Erfahrun- gen gemacht haben und ein positives Feedback von den Patientinnen bekommen. Es ist schwer nachvollziehbar, warum dieser wichtige Qualitätsstandard ausgerechnet in der Krisensituation einer ungewollten Schwangerschaft nicht gelten sollte. In anderen Bereichen der Medizin würde ein derartiges Vorgehen aus gutem Grund als unethisch bis hin zur seelische Grausamkeit gewer- Ein anderes Beispiel aus der Schweiz: Dort muss eine Frau, sogar nach dem kürzlich liberalisierten Gesetz, immer noch schriftlich erklären, dass sie sich in einer Notlage befindet, bevor sie einen Abbruch legal vornehmen lassen kann. Auch hier ist für die betroffene Frau kein Vorteil durch ein derartiges, in der Medizin unübliches Vorgehen zu erkennen. Vielmehr entsteht der Eindruck, es handele sich um eine Alibiaktion, welche der betroffenen Frau jedoch das Gefühl vermittelt, sie müsse sich für ihr Tun gegenüber der Gesellschaft rechtfertigen.
Eine wichtige positive Entwicklung ist die zunehmende Verbreitung des Internet, das viele Vorteile für ungewollt schwangere Frauen birgt. Ohne großen Aufwand und unabhängig von Öffnungs- zeiten haben sie ungehinderten Zugang zu einer großen Menge an Informationen aus unter- schiedlichen Perspektiven. Sie können wiederholt ins Netz gehen, wenn neue Fragen aufgetaucht sind. Das Wichtigste dabei aber ist, dass ihre Privatsphäre gewahrt bleibt, sie müssen nichts von sich erzählen und sich vor niemandem rechtfertigen. Erfahrungsgemäß sind Frauen, die sich über das Internet informiert haben, überdurchschnittlich gut vorbereitet, was die Beratung und Behandlung positiv beeinflusst. Bezüglich Internet gibt es lediglich zwei Nachteile: Zum einen haben nicht alle Frauen Zugang dazu, zum anderen sind Homepages religiöser Fanatiker sehr stark vertreten und es ist unmöglich, deren emotionaler Propaganda und Falschinformation zu entge- hen. Anfragen mit Suchmaschinen verweisen deutlich mehr auf Homepages von religiös motivier- ten Vereinigungen als auf Seiten mit konstruktiven und neutralen Informationen.
Die Beendigung der ungewollten Schwangerschaft
In allen Bereichen der Medizin ist es selbstverständlich, dass Patienten eine freie Wahl der Metho- den haben und sich therapeutische Fortschritte sehr rasch verbreiten. So war beispielsweise die Neueinführung von Viagra® nur eine Sache von einigen Monaten, bis fast alle Männer dieser Welt Zugang zu diesem Medikament bekamen.
Beim Schwangerschaftsabbruch ist die Umsetzung von Fortschritten in vielerlei Hinsicht anders. Es beginnt damit, dass der Abbruch in der Ausbildung für Ärzte, auch in der Facharztausbildung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, in den meisten Ländern kaum oder gar nicht vorkommt. Auch gibt es dafür selten Fortbildungen und auf gynäkologischen Kongressen fällt das Thema meist unter den Tisch. Und dies, obwohl ein chirurgischer Abbruch der häufigste chirurgische Eingriff in Es kann deshalb nicht verwundern, dass die meisten Ärzte lediglich eine Methode anwenden, nämlich die, die sie irgendwo gelernt haben bzw. die in der jeweiligen Institution am einfachsten Interessant ist der große Unterschied bezüglich der angewendeten Methoden im internationalen Vergleich. Während zum Beispiel in Holland die meisten Abbrüche im ersten Trimenon in Lokal- anästhesie durchgeführt werden, hat sich in anderen Regionen die Vollnarkose als Standard eta- bliert. Und während in Frankreich, England sowie Schweden teilweise über 50 % der Frauen den medikamentösen Abbruch wählen, sind dies in Deutschland, Holland und in Österreich lediglich ein verschwindend geringer Prozentsatz. In Holland wiederum ist ein chirurgischer Abbruch in der fünften oder sechsten Woche selbstverständlich und sogar von der gesetzlichen Wartefrist ausge- nommen. In anderen Ländern wird dies nicht angeboten und gilt unter Ärzten beinahe als für sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte Es ist nicht anzunehmen, dass sich die Bedürfnisse der Frauen in den erwähnten Ländern derart unterscheiden und sich so die unterschiedliche Häufigkeit der verschiedenen Methoden erklärt.
Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Unterschiede in der Häufigkeit der Methoden Ausdruck unterschiedlicher organisatorischer, rechtlicher oder finanzieller Rahmenbedingungen sind oder einfach nur eine Fortschreibung von Traditionen, die nicht in Frage gestellt werden.
Zwei Aspekte der Rahmenbedingungen haben eine besondere Bedeutung:
1. Ein früher Abbruch vs. eine unnötige Verzögerung.
2. Ein bewusstes Erleben vs. ein Abbruch in Vollnarkose.
ad 1.: Es ist nach wie vor eine traurige Realität, dass Frauen, die sich bereits sehr früh in der Schwangerschaft zu einem Abbruch entschieden haben, wegen angeblicher Probleme mit der Methode vertröstet werden und erst eine bis drei Wochen später zum Abbruch bestellt werden.
Dies geschieht zum einen bei dem chirurgischen Abbruch, der in vielen Institutionen erst nach der siebten Schwangerschaftswoche durchgeführt wird. Aber auch bei dem medikamentösen Abbruch werden Frauen oft nach ein bis zwei Wochen wiederbestellt, weil entweder eine Eileiterschwan- gerschaft nicht ausgeschlossen werden kann oder angeblich eine fötale Herzaktivität vorhanden wäre. Es ist interessant zu beobachten, wie lange sich objektiv falsche, leicht widerlegbare Über- zeugungen halten, obwohl sie den Interessen der betroffenen Frauen diametral entgegen stehen.
Mittels der heute erhältlichen Schwangerschaftstests und aufgrund der zunehmenden Autonomie von Frauen wollen immer mehr Frauen bereits sehr früh in der Schwangerschaft einen Abbruch.
Sowohl körperlich als auch vor allem psychologisch ist es für die Betroffenen von Vorteil und wich- tig, dass der Abbruch ohne Verzögerung durchgeführt wird, sobald die Entscheidung für den Abbruch gefallen ist. Entsprechend haben 68 % der von uns betreuten Frauen nach einem medi- kamentösen Abbruch die frühe Möglichkeit als wesentlichen Grund für ihre Entscheidung zu die- ser Methode genannt. Eine unnötige Verzögerung macht gerade diesen wichtigen Vorteil der Ein Warten, nachdem die Entscheidung gefallen ist, stellt eine psychische und, wegen der schwan- gerschaftsbedingten Symptome, häufig auch eine körperliche Zumutung dar. Anstatt aber den Be- dürfnissen der betroffenen Frauen entgegenzukommen und den frühen chirurgischen oder medi- kamentösen Abbruch möglichst flächendeckend anzubieten, entsteht der Eindruck, unsere Gesell- schaft sei bemüht, Vorschriften und Vorurteile zu erfinden, um die technologischen Fortschritte auszugleichen und Frauen vor dem Abbruch noch ein bisschen leiden zu lassen.
ad 2.: Besonders wichtig ist die Unterscheidung zwischen denjenigen Methoden, bei denen die Frau den Abbruch bewusst miterlebt (chirurgischer Abbruch in örtlicher Betäubung, bzw. medika- mentöser Abbruch), und einer Vollnarkose, wo die Frau den Moment des Abbruchs nicht bewusst erlebt. Aus der Sicht der betroffenen Frau erlangt die Wahl zwischen diesen beiden Möglichkeiten eine große Bedeutung beim Erleben und Verarbeiten des Abbruchs. Natürlich gibt es einige Frauen, die sich nicht für ein bewusstes Erleben entscheiden können oder wollen, zum Beispiel wegen eigener traumatischer Erlebnisse oder weil sie ein Eingreifen in dieser Körperregion nicht zulassen können. Erfahrungsgemäß sind jedoch die Mehrzahl der Frauen sehr wohl in der Lage nach einer entsprechenden Beratung, die Vor- und Nachteile der verschiedenen Methoden abzu- wägen und eine eigene Entscheidung zu treffen.
Ein ganz wichtiger Aspekt bei der Wahl zwischen den Methoden, ist die Korrektur der eigenen Vorstellung von einem Abbruch. Jede Frau und jeder Mann hat Phantasien über einen Abbruch.
Da die wenigsten Menschen berufliche Erfahrungen oder ein eigenes bewusstes Erleben in diesem Bereich haben, sind sie auf Berichte anderer und ihre Vorstellungskraft angewiesen, wo der Abbruch sich fast immer wesentlich dramatischer darstellt als in Wirklichkeit. Das ist nicht ver- wunderlich, ist doch die wichtigste Informationsquelle in der öffentlichen Diskussion das emotio- nelle und inhaltlich falsche Propagandamaterial von religiösen Fanatikern. Aber auch die wenigen für sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte negativen Berichte von Frauen nach einem Abbruch hinterlassen einen Eindruck. Mit diesen Informationen im Bewusstsein ist es nicht verwunderlich, dass sich viele Frauen eine Vollnarkose wünschen, um den in ihrer Phantasie dramatischen Verlauf nicht miterleben zu müssen. Diesem Wunsch wird zudem von vielen Institutionen gerne entsprochen, weil dort die Behandlung und Betreuung von bewusstlosen Patientinnen ebenfalls leichter fällt. Häufig spielen hier finanzielle Aspekte eine Rolle: Es lässt sich schneller arbeiten oder ein bestehender Zentral-OP muss ausge- lastet werden; aber auch psychologische Gründe können von Bedeutung sein: Eine bewusstlose Patientin erfordert weniger Engagement und Einfühlungsvermögen und erlaubt es dem Personal, sich von deren Situation zu distanzieren. Aber es gibt auch Institutionen, welche sich einfach schwer tun, eine Behandlungsform zu ändern, die sie seit vielen Jahren oder gar Jahrzehnten Für das Erleben der betroffenen Frauen bedeutet dieses Vorgehen jedoch eine Bestätigung ihrer (meist falschen) Phantasien. Und die Vollnarkose nimmt ihnen die Möglichkeit diese Phantasien zu korrigieren. Nach dem Eingriff entsteht der Eindruck: »Zum Glück habe ich eine Vollnarkose gehabt, so dass ich ›das alles‹ nicht miterleben musste.« Darüber hinaus wird mit diesem Vorgehen auch das Tabu des Schwangerschaftsabbruches gefestigt, weil nicht einmal diejenigen Frauen, die selbst einen Abbruch hatten, darüber berichten können, wie dies vor sich ging und wie sie es Demgegenüber sind die meisten Frauen nach einem chirurgischen Abbruch in örtlicher Betäubung oder nach einem medikamentösen Abbruch erstaunt, wie undramatisch und schnell die Behand- lung vor sich geht. Das Erstaunen bezieht sich dabei vor allem auf den Vergleich des real Erlebten Gelegentlich wird den Patientinnen eine Vollnarkose nahegelegt mit dem Argument, die Frau müsse den Abbruch ja nicht miterleben. Es stellt sich bei diesem Vorgehen die Frage, ob damit tat- sächlich die Patientin oder nicht vielmehr das Personal vor einer Auseinandersetzung mit einer Patientin, die ihre ungewollte Schwangerschaft bewusst beendet, sowie den möglicherweise dahinter liegenden Konflikten geschützt werden soll.
In diesem Zusammenhang sei auf die Ergebnisse einer zwischen verschiedenen Methoden verglei- chenden Studie hingewiesen. Interessanterweise waren die Frauen in den meisten Fällen mit der gewählten Methode in etwa gleichem Ausmaß zufrieden. Wichtig war jedoch allen, frei zwischen den unterschiedlichen Möglichkeiten wählen zu können.
Zusammenfassung
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Rahmenbedingungen im Vorfeld eines Abbruchs sowie bei dessen Durchführung in den meisten Ländern teilweise kaum bis gar nicht nach den Bedürfnissen der betroffenen Frauen ausgerichtet sind und häufig wenig Spielraum für indivi- duelle Bedürfnisse lassen. Vielmehr manifestieren sich in den willkürlich anmutenden und von Land zu Land sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen die Phantasien und Projektionen von beruflich Unerfahrenen und persönlich nicht Betroffenen. Leider führen die restriktiven, nicht be- darfsorientierten Rahmenbedingungen genau zum Gegenteil dessen, was sie angeblich erreichen Vergleicht man die Häufigkeit von Abbrüchen in verschiedenen Ländern, ist offensichtlich, dass diejenigen Länder die niedrigsten Abbruchraten haben, in welchen sich die Rahmenbedingungen am ehesten nach den Bedürfnissen richten und Frauen im Zugang zu Sexualaufklärung, Verhütung und zum Abbruch größtmögliche Autonomie haben, wie dies zum Beispiel in Holland der Fall ist.
Auf der anderen Seite, finden sich die höchsten Raten an Abbrüchen in den Ländern mit der stärk- sten Bevormundung von Frauen bezüglich ihrer reproduktiven Gesundheit, wie zum Beispiel in für sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte Während also diese nicht bedarfsorientierten Rahmenbedingungen ihr erklärtes Ziel weit verfeh- len, haben sie hingegen deutlich negative Auswirkungen auf das körperliche und psychische Erleben der Betroffenen. Diese Aspekte sollten in der öffentlichen Diskussion und bei der Formu- lierung neuer Rahmenbedingungen im Vordergrund stehen.
Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte war insofern ermutigend, als die Regelungen in vielen Ländern geändert wurden und heute weniger restriktiv sind. Besonders erwähnenswert ist das Beispiel Kanada. Dort hat sich bereits seit langem die Einsicht durchgesetzt, dass ein Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft eine ärztliche Behandlung ist und keiner gesetzlichen Einmischung bedarf. Deshalb erklärte der Oberste Gerichtshof das Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch 1988 nach längeren juristischen Auseinandersetzungen als verfassungswidrig und strich es ersatz- los. Wir dürfen gespannt sein, wie lange es dauert, bis dieser lösungsorientierte Ansatz auch in anderen Ländern die nach wie vor bestehenden ideologisch motivierten Regelungen ersetzt.
Abschließend möchte ich noch einen Gender-Aspekt einbringen. Als Männer können wir bekannt- lich weder schwanger werden noch selbst einen Abbruch vornehmen lassen. Die Erhaltung der reproduktiven Gesundheit von Frauen liegt aber auch in unserem Interesse, wir sind direkt davon betroffen und abhängig. Wir sollten uns deshalb für Rahmenbedingungen einsetzen, innerhalb derer Frauen, die ja durch unser Zutun schwanger wurden, eine ungewollte Schwangerschaft bestmöglichst und ohne unnötiges Leid beenden können.

Source: http://abtreibung.at/wp-content/uploads/2009/04/Pages-from-profamilia_vortrag-5.pdf

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