Fachausschuss Varizellen der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten e.V.
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Varizellen sind eine akute, hochkontagiö-
se Viruserkrankung, die weltweit auftritt.
Subklinische Infektionen sind selten. Eine
tion latent in den spinalen und zentralen
Ganglien persistierenden Varicella-Zoster-
rone und Satellitenzellen von spinalen und
ein Serotyp bekannt ist, hat eine geringe
zentralen Ganglien, in denen das Virus für
genetische Variabilität. Einziger Wirt ist
das Immunsystem „unangreifbar“ ist. Bei
Reaktivierung gelangen die Viren über die
200 nm großen ikosaederförmigen Kapsid,
peripheren Nerven in die Haut, wo sie die
in dessen Inneren sich eine doppelsträngi-
typischen Zoster-Effloreszenzen auslösen.
ge DNA befindet. Dieses Nukleokapsid ist
ist die Fähigkeit, lebenslang im Organis-
mus zu persistieren. Latenzorte sind Neu-
Varizellen in der Schwangerschaft sind mit
11-Jährigen auf 94 Prozent. In den höhe-
meisten Infektionen treten bereits im frü-
Immunitätslücken von 3 bis 5 Prozent. In
Der Zoster tritt gehäuft bei älteren Men-
hen Kindesalter auf. Seroepidemiologische
Daten zeigen, dass die Durchseuchung mit
schützenden Antikörper, so dass Einwan-
Varizellen schon im 2. Lebensjahr einsetzt.
derer und ausländische Mitbürger, die aus
Im Alter von 4 bis 5 Jahren haben bereits
diesen Gebieten stammen, gefährdet sind
1.000 Kindern erkrankt nur eines pro Jahr.
Exanthems. Zoster ist wesentlich weniger
tion, direkten Kontakt mit virushaltiger
Bläschenflüssigkeit oder Rachensekret.
Eine intrauterine Übertragung ist ebenfalls
dies schon nach 10-minütiger Exposition
der Fall. Varizellen sind bereits 1 bis 2 Tage vor Ausbruch der Krankheit anste-
Varizellen sind hochgradig infektiös. Als
ckend. Die Infektiosität besteht, solange
frische Bläschen vorhanden sind, in der
Die häufigste Komplikation der Varizellen
Salicylate dürfen wegen der Gefahr eines
Reye-Syndroms nicht verabreicht werden.
zeit von 14 bis 16 (8 bis 23) Tagen. Wurde
bellitis (gute Prognose) oder Enzephalitis,
reicht, kann sie bis zu 28 Tage betragen.
Für Risikopatienten wird nach Varizellen-
dienten Krankheitsverläufen mit schweren
fiziente Kinder mit hämatologisch-onkolo-
mit klarer Flüssigkeit gefüllte, linsen-
Expositionsbeginn, das heißt vor Auftreten
der primären Virämie. Die Schutzrate bei
innerhalb der ersten 4 Tage findet man die
rein symptomatisch mit juckreizstillenden
Durchbrüchen, was bei massiver Expositi-
zeitig („buntes Bild“). Befallen sind vor
on möglich ist, verläuft die Erkrankung in
der Regel mild (mitigierte Varizellen). Die
rumpfnahen Abschnitte der Extremitäten.
Effloreszenzen die antivirale Therapie mit
Handflächen und Fußsohlen bleiben meist
frei. Die Schleimhäute können ebenfalls
Effloreszenzen aufweisen. Die Krusten fal-
(18 bis 25 Prozent) muss Aciclovir immer
ausreichend hoch dosiert werden; d. h. 3-
ist grundsätzlich auch mit Aciclovir mög-
mal 10 (- 15) mg/kg KG/Tag i. v. (maximal
lich – Dosierung: 4-mal 10 (-20) mg/kg
2,5 g/Tag) oder in Ausnahmefällen 4-mal
sind außer immunsupprimierten Patienten
bestehen, die später gelblich eintrüben
und nach dem Eintrocknen Krusten bilden.
bei Erwachsenen mit Aciclovir, Brivudin,
Famciclovir oder Valaciclovir durchgeführt
VZV. Begünstigt wird dies durch Störun-
nimmt der Befall kranialer Dermatome zu.
dem Auftreten der ersten Zosterläsionen
es zu komplizierten Krankheitsverläufen
Befall viszeraler Organe oder hämorrhagi-
Befall innerer Organe reduziert. Außerdem
ist ein günstiger Effekt auf den zoster-
mit einer Inzidenz von ca. 25 bis 30 Pro-
zent die häufigste Komplikation des Zoster
zwingende Indikation für die antivirale
verläufen ist der intravenösen Aciclovir-
Monate bis Jahre persistieren können.
Therapie der Vorzug zu geben. Behandelt werden sollten auch alle Patienten mit einem erhöhten PZN-Risiko, das heißt vor
Tab. 1 Antivirale Therapie des Zoster
allem über 50-Jährige sowie solche mit mehr als 50 Zosterbläschen beziehungs-
weise mit hämorrhagischen Läsionen oder mit Zoster ophthalmicus und Zoster oticus.
ist nicht zu empfehlen, da lokal applizierte
tung und Abheilung der Zostereffloreszen-
zen haben. Eine zusätzliche hochdosierte
Verabreichung von Steroiden verkürzt die
Phase des akuten Zosterschmerzes, bringt
jedoch keinen therapeutischen Zugewinn bezüglich der Verhinderung der postzos-
1 x täglich 125 mgKinder und Jugendliche2):
wobei mögliche Nebenwirkungen sorgfäl-tig zu beachten sind.
deutlichen Schmerzreduktion erfolgen. Wird unter konsequenter Analgesie keine
ist frühzeitig ein Schmerztherapeut hinzu-
1) Für Patienten mit einem schweren Krankheitsbild, insbesondere für Immunsupprimierte, wird die intravenöse Thera-
zuziehen. Die Behandlung sollte nach dem
pie empfohlen (Höchstdosis über 10 Tage ist zu erwägen).
2) Brivudin und Famciclovir sind für Kinder und Jugendliche nicht zugelassen. Bei Anwendung Abwägung des Nutzen-
Risiko-Verhältnisses u. Aufklärung wie unter Studienbedingungen erforderlich.
Fetales Varizellensyndrom verursacht (neonatale bzw. konnatale Vari-
zellen). Erkrankt die Mutter 5 Tage vor bis
Varizellen in der Schwangerschaft können
nen Kindes führen. Bei einer Erkrankung
Varizellen nach dem 10. (-12.) Lebenstag
lität liegt bei 30 Prozent, wobei die häu-
mit einer Häufigkeit von etwa 2 Prozent
das fetale Varizellensyndrom auf. Im Vor-
plasien. Die Letalität beträgt etwa 25
Prozent. Zeichen einer fetalen Infektion
Exposition Varicella-Zoster-Immunglobulin.
Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische
alter sein. Bei Zostererkrankungen in der
Infektiologie (DGPI) erhalten gefährdete
Frühgeborene (< 28. SSW ; < 1.000 g
Mutter Antikörper gebildet und diaplazen-
Neugeborene, deren Mütter bis zu 5 Tage
Varizellen. Ob damit auch die Virämie und
zellen erkrankt sind, erhalten unverzüglich
die fetale Infektion bzw. das fetale Vari-
Varicella-Zoster-Immunglobulin (0,5 ml/kg
zellensyndrom verhindert werden kann, ist
KG i. m. oder 1 ml/kg KG i. v.). Sie sollten
zenzen antiviral (Aciclovir i. v.) behandelt
Aciclovir-Therapie beginnen zu können.
Windpocken in den ersten 10 (- 12) Le-benstagen werden durch intrauterine Virusübertragung in der Perinatalperiode
Varizellen lassen sich in der Regel klinisch
Zur Bestätigung oder zum Ausschluss der
an den typischen Hauteffloreszenzen diag-
nostizieren. Differentialdiagnostisch kom-
gnostischer Verfahren zur Verfügung. Die
generalisierte Zoster-Infektionen oder dis-
ketten reaktion (PCR), mit der sich die vira-
führt. Beim Zoster gestatten sie oft nur ei-
seminierte Herpes-simplex-Virusinfek tio-
le DNA in Bläscheninhalt, Liquor, EDTA-Blut
ne retrospektive Diagnose, wobei negative
pische Verläufe des Zoster bereiten, die
sen läßt. Die Anzüchtung des VZV, die eini-
fehlen, wenn eine molekularbiologische Charakterisierung bzw. Empfindlichkeits-prüfung des VZV erfolgen soll.
Varizellenimpfung: Standard- und Indikationsimpfung
Die Impfung erfolgt mit einer attenuierten
Schutz vor Varizellen und ihren Komplika-
Weiterhin wird die Varizellenimpfung bei
land sind zwei Impfstoffe zugelassen, die
tionen. Darüber hinaus hat sie bei Immun-
Vorliegen der in der Tabelle 2 aufgeliste-
sich nicht in ihrer Wirksamkeit und Sicher-
supprimierten einen protektiven Effekt ge-
heit unterscheiden (Varilrix®,GlaxoSmith-
Kline, und Varivax®, Sanofi Pasteur MSD).
Im Juli 2004 wurde die Varizellenimpfung
wenn diese noch über eine funktionieren-
ten 13. Lebensjahr erhalten eine Impfung.
führen. Die STIKO empfiehlt, alle älteren
Standard- und Indikationsimpfung gegen Varizellen (STIKO-Empfehlungen, Stand Juli 2004)
● Alle Kinder, vorzugsweise im Alter zwischen dem vollendeten 11. bis 14. Lebensmonat
● Alle älteren Kinder und Jugendlichen ohne Varizellenanamnese
(Nachholimpfungen sollten spätestens im Alter von 9 bis 17 Jahren erfolgen)
● vor geplanter immunsuppressiver Therapie oder Organtransplantation
● unter immunsuppressiver Therapie (Impfung nicht unter intensiver immunsuppressiver Therapie
durchführen; z. B. in der Anfangsphase der Behandlung)
● Patienten mit Leukämie: Voraussetzung ist Abschluss der immunsuppressiven Therapie und
_ 12 Monate; vollständige hämatologische Remission
2. Empfängliche** Patienten mit schwerer Neurodermitis
3. Empfängliche** Personen mit Kontakt zu 1. und 2.
1. Seronegatives Personal im Gesundheitsdienst, besonders in Pädiatrie, Onkologie, Gynäkologie/Geburtshilfe, Intensivmedizin, Betreuung von Immundefizienten
2. Seronegatives Personal bei Neueinstellungen in Gemeinschaftseinrichtungen für das Vorschulalter
Anmerkung des „Fachausschusses Varizellen“ der DVV: Patienten mit Leukämie und anderen onkologischen Erkrankungen sollten nur nach vollständiger Remission und Ab-schluss der Chemotherapie nach Absprache mit dem Therapiezentrum gegen Varizellen geimpft werden.
**) Empfänglich bedeutet: keine Varizellenanamnese, keine Impfung und bei Testung seronegativ.
Risikopatienten haben. Das gilt insbeson-
sie innerhalb von 3 Tagen nach Auftreten
für ungeimpfte Personen ohne Varizellen-
und Pflegedienst sowie für Personen mit
Haushaltskontakten. Eine Wirksamkeit der
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