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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
Drucksache 14/4744

Antwort

der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage 1690
der Abgeordneten Barbara Steffens GRÜNE
Drucksache 14/4555
Muss das Medikament „Cergem®“ bei Schwangerschaftsabbrüchen von Frauen mit
geringem Einkommen aus eigener Tasche bezahlt werden?

Wortlaut der Kleinen Anfrage 1690 vom 13. Juni 2007:
Aus der Beratungspraxis landesgeförderter Schwangerenberatungsstellen wurde bekannt,
dass seit Anfang des Jahres 2006 vor allem jungen Frauen mit geringem Einkommen, die
einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen, zusätzliche Kosten durch den medika-
mentösen Einsatz des Präparats Cergem® entstehen. Die Finanzmittelpauschale des Lan-
des NRW, die Frauen mit geringem Einkommen für den Schwangerschaftsabbruch über ihre
Krankenkassen beantragen können, deckt den Einsatz von Cergem®, ein Medikament aus
der Gruppe der Prostaglandine, nicht ab. Und obwohl ärztliche Leistungen und Medikamente
vor (und nach) dem Eingriff, bei denen der Schutz der Gesundheit im Vordergrund steht, von
den Kassen getragen werden müssen, verbleiben die Kosten bei den betroffenen Frauen.
Für die Personengruppe mit geringen Einkommen wie z. B. Leistungsbezieherinnen nach
Hartz IV entstehen dadurch unzumutbare finanzielle Belastungen, die eine Verschuldung zur
Folge haben kann.
Hintergrund für die veränderte Situation seit Januar 2006 ist die Tatsache, dass der Herstel-
ler Pfizer im Januar 2006 die Zulassung für das Prostaglandin Cytotec® für Deutschland zu-
rückgezogen hat. Bis Ende 2005 wurde dieses verwendet, da es wesentlich kostengünstiger
und nebenwirkungsärmer ist als Cergem®. Cytotec® kann zurzeit nur über die internationale
Apotheke bezogen werden. Aus Rückmeldungen wird deutlich, dass ein Teil der ÄrztInnen,
die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, weiterhin Cytotec® anwenden. Damit bewegen
sie sich allerdings in einem rechtlichen Graubereich, der nicht abschließend geklärt ist, so
dass viele Praxen auf das teurere Cergem® ausweichen.
ÄrztInnen, die eine Verabreichung eines Prostaglandins vor dem Abbruch für erforderlich
halten, begründen dies mit einer deutlichen Risikosenkung der Verletzungsgefahren wäh-
rend des Eingriffs und damit einhergehender Spätfolgen. Betroffen von Verletzungsgefahren
und Spätfolgen sind in erster Linie junge Frauen und Frauen, die noch nicht geboren haben.
Datum des Originals: 20.07.2007/Ausgegeben: 27.07.2007
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Drucksache 14/4744
Berichten zufolge ist die Wahlfreiheit dieser Personengruppe bezüglich des Einsatzes von Cergem® in manchen Fällen stark eingeschränkt. Verschiedene ÄrztInnen lehnen es inzwi-schen offensichtlich ab, einen Abbruch ohne vorherige Verabreichung des Medikamentes durchzuführen. Gelingt es den Patientinnen nicht, die nicht unerheblichen Kosten für Cer-gem® aufzubringen, müssen sie in einem ohnehin befristeten Zeitfenster eine/n ÄrztIn fin-den, der oder die den Abbruch auch ohne Cergem® vornimmt. Wollen die betroffenen Frau-en dem ärztlichen Rat, Cergem® diene ihrer Gesundheitsvorbeugung, folgen, müssen sie sich in vielen Fällen verschulden. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Ist der Landesregierung die dargestellte Problemsituation von Frauen, die Anspruch auf Kostenerstattung durch das Land haben, bekannt (Gesetz zur Hilfe für Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen in besonderen Fällen)? Wie wertet die Landesregierung die beschriebene ärztliche Praxis, betroffenen Frauen den Abbruch zu verweigern, wenn sie nicht bereit oder in der Lage sind, das Medika-ment Cergem® eigenständig zu finanzieren? Folgt die Landesregierung der Einschätzung, dass der Einsatz des Medikamentes Cer-gem® bei Schwangerschaftsabbrüchen nicht zu finanziellen Lasten von Geringverdie-nerinnen gehen darf? Welche Lösungsmöglichkeit sieht die Landesregierung, den betroffenen Frauen Zu-gang zu umfassendem Gesundheitsschutz beim Schwangerschaftsabbruch bereitzu-stellen, ohne sie zusätzlich finanziell zu belasten? Welche Maßnahmen gedenkt die Landesregierung dazu zu ergreifen?
Antwort des Ministers für Generationen, Familie, Frauen und Integration vom
20. Juli 2007 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit,
Gesundheit und Soziales:
Zur Frage 1

Die dargestellte Praxis, dass Ärztinnen und Ärzte es ablehnen, einen operativen Schwanger-
schaftsabbruch ohne vorherige Verabreichung eines Mittels aus der Gruppe der Prostagladi-
ne durchzuführen, ist der Landesregierung nicht bekannt.
Zur Frage 2

Nach § 12 Schwangerschaftskonfliktgesetz ist niemand verpflichtet an einem Schwanger-
schaftsabbruch mitzuwirken. Ärztinnen und Ärzte sind danach zur Vornahme eines Schwan-
gerschaftsabbruchs grundsätzlich nicht verpflichtet.
Zur Frage 3

Das Land erstattet bei medikamentösen Schwangerschaftsabbrüchen geringverdienenden
Frauen das Medikament Cergem. Bei operativen Abbrüchen umfasst die Kostenerstattung
nicht den zusätzlichen Einsatz von Cergem oder einem anderen Mittel aus der Gruppe der
Prostagladine. Es ist der Landesregierung nicht bekannt, in welchem Umfang Geringverdie-
nerinnen die Einnahme eines Medikaments aus der Gruppe der Prostagladine beim operati-
ven Schwangerschaftsabbruch empfohlen bekommen.
LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 14. Wahlperiode
Drucksache 14/4744

Zu den Fragen 4 und 5

Die Landesregierung wird prüfen, ob in Einzelfällen, in denen es medizinisch notwendig ist,
die Kosten für ein Medikament aus der Gruppe der Prostagladine übernommen werden kön-
nen.

Source: http://www.barbara-steffens.de/fileadmin/media/MdB/barbarasteffens_de/barbara_steffens/themen_bis_mai_2010/parlamentarisches/anfragen/auf_kleine_anfrage_ds_144555_muss_das_me/auf_kleine_anfrage_ds_144555_muss_das_me.pdf

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